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Für die erste Berliner
Biomüll-Vergärungsanlage in Ruhleben hat am 12. August 2011 die Bauphase
mit dem ersten Spatenstich begonnen. In der BSR-Anlage sollen jährlich
rund 60.000 Tonnen Bioabfälle aus Berliner Privathaushalten verarbeitet
werden. Am 18. Juli 2011 gab die Senatsumweltverwaltung mit der
Genehmigungserteilung grünes Licht für die Planungen der BSR.
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Daniel Buchholz,
Spandauer Abgeordneter und umweltpolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses: „Der Abschluss des
Genehmigungsverfahrens öffnet den Weg für den überfälligen Baubeginn
der BSR-Biogasanlage in Ruhleben. Die seit Jahren mit großer
Mehrheit vom Abgeordnetenhaus geforderte Vergärungsanlage bringt
deutliche Vorteile für die Umwelt und das Klima. Allerdings sind
Aufträge des Parlaments nur teilweise umgesetzt und einige Chancen
vertan worden.
Die Anlage ist mehr als
überfällig, denn die heutige Behandlung der Berliner Bioabfälle in
Einfachst-Kompostierungsanlagen in Brandenburg muss schnellstmöglich
beendet werden. Diese entsprechen nicht dem Stand der Technik und
belasten das Klima mit erheblichen Mengen an Methan und Lachgas. Der
Umweltverband BUND spricht völlig zu recht von einer ‚enormen
Verbesserung der Umweltsituation‘ durch die neue Anlage.
In der BSR-Anlage sollen
jährlich bis zu 60.000 Tonnen Biomüll, gesammelt in den Berliner
Biotonnen, vergärt werden. Daraus können pro Jahr rund 3,4 Mio.
Kubikmeter Bio-Erdgas gewonnen werden. Die BSR wird mit diesem
Bio-Erdgas 150 neue Müllfahrzeuge betanken, damit schliesst sich der
Kreislauf. Das spart jedes Jahr 2,5 Mio. Liter Diesel und entlastet
das Berliner Klima um 6.200 Tonnen Kohlendioxid. Gleichzeitig fallen
Kompost und Flüssigdünger als Gärreste an, die den Nährstoff- und
Humusgehalt der Böden verbessern.
Methan-Emissionen, Stand der Technik und Parlamentsbeschuss
Die neue Anlage erfüllt aus Sicht der Genehmigungsbehörde
auch hinsichtlich der eingesetzten Methan-Minderungstechnik den
heute verfügbaren modernsten Stand der Technik. Eine weitergehende
Methanreduktion würde demnach unverhältnismäßige Kosten nach sich
ziehen. Aus meiner Sicht dürfen die verbleibenden Klimabelastungen
durch die Anlage aber nicht auf Dauer hingenommen werden. Die BSR
ist aufgefordert, zukünftige technische Entwicklungen für ihre
Anlage aufzugreifen und insbesondere beim Bau der geplanten zweiten
Vergärungsanlage in Marzahn zu berücksichtigen. Ich freue mich, dass
die BSR endlich meinen Vorschlag für den Bau einer Solaranlage
aufgenommen hat, um die Klimabilanz der Anlage zu verbessern. Die
Solaranlage ist in der nächsten Klimaschutzvereinbarung mit der BSR
verbindlich festzuschreiben.
Rückblickend bleibt aus
meiner Sicht bedauerlich, dass entgegen der nachdrücklichen
Aufforderung durch das Abgeordnetenhaus weder die Senatsverwaltung
noch die BSR alle technischen Möglichkeiten zur weitergehenden
Minderung der Methanemissionen der Anlage geprüft haben bzw.
nachvollziehbare Klimabilanzen für diese Lösungen vorgelegen
konnten. Die Senatsumweltverwaltung und die BSR haben damit die
Chance zu einer über den Stand der Technik hinausgehenden
weitergehenden Reduzierung der Methanemissionen im Interesse des
vorausschauenden Berliner Klimaschutzes vergeben. Sollten allein
fehlende personelle und finanzielle Ressourcen der Senatsverwaltung
für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz hierfür ausschlaggebend
gewesen sein, so wäre die verantwortliche Senatorin gut beraten,
sich bei den anstehenden Haushaltsberatungen für eine bessere
Ausstattung ihres Fachgebietes einzusetzen.
Geheimsache
Genehmigungsbescheid: Akteneinsicht beantragt
Unverständlich ist für mich, dass der Genehmigungsbescheid für die
Anlage trotz des großen Interesses an der Anlagenplanung bisher
nicht veröffentlicht wurde. Lediglich eine Einsichtnahme vor Ort ist
bis zum 15. August 2011 in der Senatsverwaltung für Gesundheit,
Umwelt und Verbraucherschutz, Zimmer 3.011, Brückenstraße 6, 10179
Berlin möglich. Ich habe daher bei der Senatsumweltverwaltung mit
Verweis auf das Informationsfreiheitsgesetz Akteneinsicht beantragt
und angekündigt, dass ich eine elektronische Version des
Genehmigungsbescheids für alle interessierten Bürger auf meiner
Homepage im Internet (www.Daniel‑Buchholz.de) veröffentlichen will.
Dann kann jede/r selbst nachlesen, welche Vorgaben die Anlage in Bau
und Betrieb erfüllen muss.
Luftreinhaltung
Die Stichworte ‚Vergärung’ und ‚Bioabfall’ haben bei
einigen Bürgern in Spandau und Charlottenburg zu Recht Skepsis
hervorgerufen. Standort der Anlage ist das Industriegebiet ‚Freiheit
15-16‘ im Bezirk Spandau. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es
bereits die Müllverbrennungsanlage Ruhleben, die
Vattenfall-Kraftwerke und das Klärwerk Ruhleben. Die nächsten
Wohngebäude liegen mehr als 450 Meter entfernt an der
Charlottenburger Chaussee. Laut BSR sind ‚keine erheblichen
Luftschadstoff-, Geruchs-, Staub- oder Lärmemissionen zu erwarten‘.
Die Anlage wird nach dem sog. Trockenvergärungsverfahren arbeiten,
solche Anlagen gibt es sogar in direkter Nachbarschaft zu
Lebensmittelbetrieben und Restaurants. Die gesamte Anlage wird
gekapselt und unter einem leichten Unterdruck gehalten, damit keine
Luft entweichen kann. Das ist im Genehmigungsbescheid verbindlich
festgeschrieben worden. Die entstehende Abluft wird mehrfach
gewaschen und über Filter geführt.
Lärmschutz und
LKW-Transporte Eine zusätzliche Lärmquelle werden die
täglich rund 65 Fahrten von Müllfahrzeugen sein, davon nach Angaben
der BSR 45 für die Anlieferung des Bioabfalls und 20 für den
Abtransport der flüssigen und festen Gärreste. Der Verkehr wird über
die ausgebauten Haupt-Durchgangsstraßen Spandauer Damm und Freiheit
abgewickelt. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens auf der Freiheit von
mehr als 11.000 Fahrzeugen pro Tag sieht die Genehmigungsbehörde die
zusätzlichen 65 Fahrten als ‚nicht relevant‘ an. Aus Gründen des
Lärmschutzes hat die Genehmigungsbehörde die An- und Ablieferungen
aber nur werktags von 7 bis 18 Uhr erlaubt. Die Aufbereitung der
Bioabfälle in der Anlage darf ebenfalls nur an Werktagen zwischen 6
und 22 Uhr erfolgen.“
Übrigens: Am 14. April 2011 hatte das
Berliner Abgeordnetenhaus einen umfangreichen Prüfauftrag
beschlossen. Der Senat sollte umgehend berichten, wie die
Klima- und Umweltbelastung durch die neue Biogasanlage so weit wie
möglich reduziert werden kann. Anders als die Berliner Grünen, die
sich auf eine einzige Lösung festgelegt haben, wurden im
beschlossenen Antrag vier technische Lösungswege aufgezeigt (den
Antragstext finden Sie unten zum Download). Leider hat die
Senatsverwaltung von Katrin Lompscher (Die Linke) darauf eher
ausweichend und unvollständig geantwortet. Dies ist von Daniel
Buchholz im Umweltausschuss (ebenso wie von den KollegInnen der
anderen Fraktionen) deutlich kritisiert worden.
(Letzte
Aktualisierung: 08.2011)
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--- HINTERGRUND-INFOS
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Das Berliner Abgeordnetenhaus hat den
Senat bereits Ende 2007 auffordert, gemeinsam mit der Berliner Stadtreinigung (BSR) die Erfassung von
Bioabfall im gesamten Stadtgebiet weiter zu optimieren und deutlich auszuweiten.
Die getrennt erfasste Menge an Bioabfall ist von derzeit rund 50.000 Mg/a auf
100.000 Mg/a zu steigern. Parallel ist der ökologische Wert der
Bioabfallverwertung durch die Nutzung eigener moderner Biovergärungsanlagen
maßgeblich zu erhöhen.
Berlin kann mit einer optimierten
Sammlung und Verwertung des Bioabfalls einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz
leisten. Die deutliche Ausweitung der Bioabfallsammlung bei Privathaushalten und
Gewerbebetrieben ist die Voraussetzung, damit zukünftig nicht mehr ein Großteil
des Bioabfalls mit dem normalen Hausmüll entsorgt oder verbrannt wird. Durch die
konsequente Nutzung von modernen Verwertungsanlagen für die Biomasse werden die
Emissionen von klimaschädlichen Gasen deutlich reduziert und der Energiegewinn
optimiert. Mit einer hochwertigen Verwertung des Bioabfalls in Vergärungsanlagen
kann Methangas gewonnen werden, das entweder für eine Nutzung in
Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen bereit steht oder in das Erdgasnetz eingespeist
werden kann. Die Biomassenutzung ist nicht nur ökologisch geboten, sondern auch
wirtschaftlich vorteilhaft durch die Vergütungen im Rahmen des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
Durch die kostenreduzierte
Bereitstellung der Biotonne können die Berliner den Anteil von Biomüll in
den normalen Mülltonnen reduzieren und dadurch oftmals eine Kostenersparnis
durch die Bestellung einer kleineren Restmülltonne erzielen. Der von SPD und Linksfraktion
eingebrachte Antrag sah dazu folgende Schritte vor:
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"1. Die Nutzung der Biotonne ist für
die Bürger attraktiver zu gestalten. Alle Biotonnen sollen durch die BSR
häufiger als bisher gereinigt und nach Bedarf sukzessive mit einem
Bio-Filterdeckel ausgestattet werden. Die Akzeptanz der getrennten
Bioabfallsammlung ist gebührenseitig zu unterstützen. Durch eine Ausweitung der
14-täglichen Leerung der Biotonnen (ausgenommen Sommermonate) und die
Optimierung der Tourenauslastung soll die BSR die Effizienz steigern und die
Kosten senken.
2. Die bisher sehr unterschiedlichen
Mengen an erfasstem Bioabfall in vergleichbaren Stadtteilen und Wohngegenden
sind durch geeignete Maßnahmen schnellstmöglich auf einem hohen Niveau
anzugleichen. In den Innenstadtbezirken sind die besonderen Anforderungen z.B.
bei Wohnanlagen mit zentralen Erfassungsplätzen zu beachten. In den
Außenbezirken sind die positiven Erfahrungen in einigen Stadtteilen hinsichtlich
Menge und Qualität auf weitere Siedlungen zu übertragen.
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Bei jedem
Neuanschluss eines Grundstücks an die Restmüllentsorgung ist automatisch
auch eine Biotonne zu stellen, sofern eine Eigenkompostierung nicht nachgewiesen
werden kann. Zur Festlegung von nutzungskonfliktfreien Aufstellorten ist eine
Standortberatung anzubieten.
3. Der ökologische Wert der
Bioabfallsammlung ist maßgeblich zu steigern, in dem die Behandlung bzw.
Verwertung der getrennt erfassten Abfälle zukünftig in Anlagen erfolgt, die dem
Stand der Technik entsprechen und eine optimale Energienutzung (Biogas bzw.
Kraft- Wärme-Kopplung) aus den Bioabfällen ermöglichen. Die BSR wird umgehend
geeignete Standorte für eine solche ökologisch hochwertige Verwertung
auswählen und den Bau der Anlagen ausschreiben. Ziel ist es, dass diese
spätestens im Sommer 2010 ihren Regelbetrieb aufnehmen. Bioabfälle, die sich
nicht für die Vergärung eignen (Laub, Baum- und Strauchschnitt) und die nicht
direkt in der Landschaftspflege als Häckselgut zur Bodenverbesserung verwendet
werden können, sind ökologisch hochwertig zu verwerten, zum Beispiel in
Kompostierungsanlagen, die die Anforderungen der TA Luft einhalten.
4. Parallel zur Ausweitung der
Bioabfall-Sammlung in Berlin ist ab 2008 eine stadtweite Informationskampagne
für den besseren Klimaschutz durch die „neue“ Biotonne durchzuführen."
Der Senat hat dem Abgeordnetenhaus
Berlin über die Umsetzung dieses Beschlusses bereits mehrfach berichtet. Die
entsprechenden Dokumente finden sich im PARDOK-System unter
www.parlament-berlin.de
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